Die Impressumspflicht ist ein zentrales Element des Internetrechts in Deutschland. Sie soll sicherstellen, dass Nutzerinnen und Nutzer die verantwortliche Person oder das Unternehmen hinter einem Webangebot klar identifizieren und bei Bedarf unkompliziert kontaktieren können. Doch wie weit reicht diese Pflicht konkret? Muss eine Telefonnummer zwingend im Impressum stehen – oder reicht auch eine E-Mail-Adresse?
Inhalt
Gesetzliche Grundlagen: § 5 DDG als Maßstab
Die Impressumspflicht ist im § 5 des Digitale-Dienste-Gesetzes (DDG) geregelt, das seit dem 14. Mai 2024 das bisherige Telemediengesetz (TMG) ersetzt. Die Vorschrift gilt für alle „geschäftsmäßigen, in der Regel gegen Entgelt angebotenen Telemedien“. Damit sind nicht nur Onlineshops oder Unternehmenswebsites gemeint, sondern auch Blogs oder Vereinsseiten, sofern sie eine gewisse Dauerhaftigkeit und Regelmäßigkeit der Inhalte aufweisen.
Kern der Vorschrift ist die sogenannte Anbieterkennzeichnungspflicht. Unter anderem heißt es dort:
„Diensteanbieter haben […] Angaben zu machen, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation mit ihnen ermöglichen, einschließlich der Adresse der elektronischen Post.“
Dieser Wortlaut lässt Raum für Interpretationen. Was genau bedeutet „schnelle elektronische Kontaktaufnahme“? Muss es sich dabei um eine Telefonnummer handeln oder reicht auch ein Kontaktformular?
Juristische Auslegung: Was Gerichte zur Telefonnummer im Impressum sagen
In den vergangenen Jahren haben verschiedene Gerichte zur Auslegung dieser Vorschrift Stellung genommen. Besonders relevant sind drei Entscheidungen, die wir im Folgenden vorstellen:
BGH-Urteil von 2006 (Az. I ZR 228/03)
Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass eine E-Mail-Adresse allein nicht ausreicht, um die Anforderungen des damaligen TMG zu erfüllen. Es müsse mindestens eine zweite Kontaktmöglichkeit bestehen, die eine unmittelbare Kommunikation ermögliche. Daraus wurde vielerorts gefolgert, dass zusätzlich zur E-Mail auch eine Telefonnummer verpflichtend sei. Diese Interpretation galt lange als Standard – wurde jedoch später relativiert.
EuGH-Urteil von 2008 (Rs. C‑298/07)
Im Jahr 2008 entschied der Europäische Gerichtshof, dass eine Telefonnummer nicht zwingend angegeben werden muss. Die Richter betonten, dass es nicht auf das Medium an sich, sondern auf die Effektivität der Kommunikation ankomme. Ein Online-Kontaktformular, das zügig beantwortet wird, könne denselben Zweck erfüllen wie eine Telefonnummer.
BGH-Urteil vom 19. Dezember 2019 (Az. I ZR 163/16)
Der BGH griff 2019 erneut die Frage auf und präzisierte seine frühere Rechtsprechung im Lichte des EuGH-Urteils. Die Entscheidung: Eine Telefonnummer ist nicht zwingend notwendig, sofern ein anderer, unmittelbarer und schneller Kommunikationsweg vorhanden ist – zum Beispiel ein funktionierendes Kontaktformular oder eine Faxnummer. Entscheidend sei, dass Nutzerinnen und Nutzer nicht tagelang auf eine Reaktion warten müssen.
Was bedeutet „unmittelbar“ und „schnell“?
Der Gesetzgeber hat bewusst offen formuliert, um verschiedenen technischen Lösungen Rechnung zu tragen. Dennoch gibt es gewisse Anforderungen an die tatsächliche Erreichbarkeit:
Eine E-Mail-Adresse muss aktiv überwacht werden. Es reicht nicht, sie anzugeben – sie muss auch regelmäßig gelesen und beantwortet werden.
Ein Kontaktformular ist nur dann zulässig, wenn zeitnah reagiert wird (in der Regel innerhalb von 24–48 Stunden).
Die Kommunikation muss wechselseitig möglich sein: Eine Einbahnstraße, bei der Anfragen nicht beantwortet werden, genügt nicht.
Ein Beispiel: Wer ein Kontaktformular einsetzt, sollte sicherstellen, dass die Anfragen automatisch weitergeleitet und regelmäßig bearbeitet werden – am besten durch eine Bestätigungsmail mit Rückmeldung zur Bearbeitungsdauer.
Was bedeutet das für die Praxis?
Mindestanforderung: E-Mail + zweiter Kontaktweg
Jede Webseite mit Impressumspflicht muss mindestens zwei Kontaktwege angeben, von denen einer eine E-Mail-Adresse sein muss. Der zweite kann flexibel gewählt werden:
Telefonnummer (optional)
Kontaktformular
Faxnummer (kaum noch praxisrelevant)
Flexibilität ja – Verantwortung auch
Auch wenn du keine Telefonnummer angibst, bedeutet das nicht, dass du dich aus der Verantwortung ziehen kannst. Wenn du beispielsweise ein Kontaktformular einsetzt, musst du gewährleisten, dass dieses auch funktioniert und zügig beantwortet wird.
Vermeide Stolperfallen
Keine Fake-Formulare ohne Reaktion
Kein Verweis auf Social Media als alleinige Kontaktmöglichkeit
Keine unleserliche oder versteckte Impressumsseite
Fazit: Telefonnummer im Impressum: sinnvoll, aber nicht Pflicht
Ist eine Telefonnummer im Impressum Pflicht?
Nein. Gesetzlich ist sie nicht vorgeschrieben, solange eine E-Mail-Adresse und ein weiterer schneller, direkter Kontaktweg vorhanden sind. Du kannst also selbst entscheiden, ob du telefonisch erreichbar sein möchtest – aus rechtlicher Sicht bist du dazu nicht verpflichtet.
Trotzdem kann eine Telefonnummer Vertrauen schaffen – insbesondere bei geschäftlich genutzten Websites, Online-Shops oder Dienstleistungsportalen. Wer auf Kundenbindung setzt, sollte also überlegen, ob eine freiwillige Angabe nicht dennoch sinnvoll ist.